Die jüngsten Stimmungs- und Konjunkturindikatoren haben sich abgeschwächt. Die nach wie vor schwache Auslandsnachfrage in der Industrie kann durch die noch verhaltene binnenwirtschaftliche Belebung nur teilweise kompensiert werden. Temporär positive Effekte dürften kurzfristig in den konsumnahen Wirtschaftsbereichen durch die Fußball-EM entstehen, bevor im weiteren Jahresverlauf steigende Realeinkommen, eine robuste Beschäftigungsentwicklung und zunehmende Impulse von der Außenwirtschaft zu einer breiteren wirtschaftlichen Belebung führen.
Die Produktion im produzierenden Gewerbe ging im Mai preis-, kalender- und saisonbereinigt um 2,5 % gegenüber dem Vormonat zurück. Sowohl die Bauproduktion als auch die Industrieproduktion wurden um 3,3 % bzw. 2,9 % zurückgefahren. In den besonders energieintensiven Industriezweigen konnte die Herstellung mit +0,2 % leicht zulegen. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich ergab sich in der Industrie ein leichtes Plus von +0,4 %, getragen von den Bereichen der Konsumgüter (+1,3 %) und der Vorleistungsgüter (+0,9 %). Die Nachfrageschwäche bei den Investitionsgütern führte dort zu einem Rückgang um 0,3 %.
Der Einzelhandel tendierte im April etwas schwächer (Mai-Zahlen liegen noch nicht vor). Die preisbereinigten Umsätze im Einzelhandel (ohne Kfz) sind gegenüber dem Vormonat geringfügig um 0,2 % gesunken. Gegenüber April 2023 meldete der Einzelhandel ein leichtes reales Umsatzplus von 0,3 %. Die Aufhellung der Frühindikatoren hat zuletzt einen leichten Dämpfer erfahren, der positive Trend der vergangenen Monate deutet jedoch auf eine Konjunkturbelebung in der zweiten Jahreshälfte hin.
Die Inflationsrate ist im Juni leicht auf +2,2 % gefallen. Im Mai war sie vor allem aufgrund eines Basiseffekts aus der Einführung des 49-Euro-Tickets im Mai 2023 mit +2,4 % leicht angestiegen. Die Kernrate (ohne Energie und Nahrung) verringerte sich im Juni geringfügig auf +2,9 %. Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,1 %. Die Energiepreise waren im Juni gegenüber dem Vorjahresmonat mit -2,1 % wieder stärker rückläufig als im Mai. Im weiteren Jahresverlauf dürften die inflationsdämpfenden Faktoren die Oberhand behalten. Personalvermittlung
Die Arbeitsmarktzahlen senden angesichts der schwachen Konjunkturdynamik auch im Juni gemischte Signale aus: Die registrierte Arbeitslosigkeit nahm saisonbereinigt um 19.000 Personen zu, die Unterbeschäftigung stieg um 16.000 Personen. Gleichzeitig haben die Erwerbstätigkeit im Mai mit +20.000 Personen sowie die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im April mit +44.000 gegenüber den Vormonaten zuletzt saisonbereinigt erneut zugenommen. Frühindikatoren deuten darauf hin, dass sich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin verhalten fortsetzen dürfte.
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen lag im April nach endgültigen Ergebnissen um 5,8 % höher als im März. Im Vergleich zum Vorjahresmonat betrug der Anstieg 33,5 %. Der IWH-Insolvenztrend weist im Juni 2024 mit 1.169 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften den zuvor prognostizierten zweiten Rückgang in Folge aus. Im gesamten ersten Halbjahr 2024 beträgt der Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum laut IWH-Zahlen 35,1 %.
WIRTSCHAFTLICHE ERHOLUNG VERZÖGERT SICH WEITER
Die konjunkturelle Erholung dürfte sich weiter verzögern. Die jüngste Eintrübung der Stimmungsindikatoren und die erneuten Rückgänge bei Auftragseingängen und Produktion zeigen eine anhaltende Schwäche in der stark exportorientierten deutschen Industrie, auch wenn die jüngsten Zahlen infolge von Brückentagen im Mai etwas nach unten verzerrt sein können.
Nachdem der außergewöhnlich hohe Auftragsbestand in der Industrie infolge der Corona-Krise und der damit zusammenhängenden Materialengpässe seit längerer Zeit für eine Stabilisierung der Produktion gesorgt hatten, scheint dieser Puffer nunmehr zunehmend abgebaut zu sein. Gleichzeitig erweisen sich die weiterhin rückläufigen Auftragseingänge, insbesondere aus dem Ausland, zunehmend als Bremse für eine nachhaltige Erholung der Industriekonjunktur. Allerdings dürfte die Aufhellung der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, trotz anhaltender handels- und geopolitischer Unsicherheiten, im weiteren Jahresverlauf zu einer Trendwende in der Industrieproduktion führen.
Auch mit Blick auf die Entwicklung des privaten Verbrauchs haben sich die jüngsten Stimmungsindikatoren, wie der GfK-Konsumklimaindex und das HDE-Konsumbarometer, zuletzt etwas eingetrübt und damit den vorherigen Aufwärtstrend abgeschwächt. Dennoch sollte sich die binnenwirtschaftliche Nachfrage angesichts der insgesamt robusten Beschäftigungsentwicklung, moderater Verbraucherpreissteigerungen und steigender Realeinkommen zunehmend beleben. Nicht zuletzt ist infolge der Fußball-EM ein kleiner, positiver Impuls im zweiten Quartal 2024 zu erwarten, von dem vor allem die konsumnahen Wirtschaftsbereiche wie Einzelhandel, Gastronomie und Beherbergungsgewerbe profitieren dürften.
Mit der jüngsten Einigung auf einen Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025, den Finanzplan bis 2028 und der Vorlage einer umfassenden Wachstumsinitiative, die durch stärkere Arbeitsanreize, Investitionsförderung und steuerliche Entlastungen Wachstumsimpulse geben soll, hat die Bundesregierung die Grundlage für eine verlässliche, investitions- und wachstumsorientierte Finanz- und Wirtschaftspolitik gelegt. Dies dürfte das Vertrauen in den Unternehmen wie auch der Verbraucherinnen und Verbraucher stärken und die Perspektiven für eine wirtschaftliche Belebung in der zweiten Jahreshälfte verbessern.
WELTWIRTSCHAFT WEITER AUF ERHOLUNGSKURS
Die globale Industriekonjunktur kommt erst allmählich wieder in Gang. Im April ist die weltweite Industrieproduktion saisonbereinigt um 0,4 % gegenüber dem Vormonat gestiegen, damit lag sie im Vergleich zum Vorjahresmonat mit 2,2 % im Plus. Frühindikatoren deuten auf eine weitere verhaltene Expansion der globalen Industrieproduktion hin: Der Stimmungsindikator von S&P Global ist im Juni um 0,8 Punkte auf 52,9 Punkte gefallen, nachdem er im Mai um 0,4 Punkte gestiegen war. Er liegt aber weiterhin über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Der jüngste Rückgang geht maßgeblich auf den Dienstleistungsbereich zurück (von 54,0 auf 53,1 Punkte), während die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe nahezu unverändert blieb (von 51,0 auf 50,9 Punkte). Für den Euroraum zeichnen aktuelle Stimmungsindikatoren zuletzt ein gemischtes Bild: Während es laut Umfragen unter Investoren weiter in kleinen Schritten bergauf gehen dürfte, blieben Einkaufsmanagerindizes im Juni – vor allem dank einer robusten Entwicklung im Dienstleistungsbereich – zwar noch leicht über der Wachstumsschwelle; sie signalisieren aber zum Ende des zweiten Quartals wieder eine schwächere Dynamik als zuvor. Insgesamt dürften die gesunkenen Energiepreise sowie die begonnenen Zinssenkungen aber die Erholung der Industriekonjunktur, besonders in den europäischen Ländern, im weiteren Verlauf stützen.
Auch der Welthandel scheint sich – unter Schwankungen – weiter zu stabilisieren. Im April nahm er saisonbereinigt um 1,5 % gegenüber dem Vormonat zu, nachdem er zuvor um 1,1 % gefallen war. Damit übertraf er im April sein Vorjahresniveau um 1,8 %. Für das zweite Quartal zeichnet sich eine weitere Belebung des weltweiten Warenhandels ab: Der RWI/ISL-Containerumschlag-Index ist im Mai saisonbereinigt von 129,1 auf 129,9 Punkte gestiegen. Während der Containerumschlag in den chinesischen Häfen zwar gesunken ist, kam es beim Nordrange-Index für europäische Häfen nach einem Rücksetzer im Vormonat wieder zu einem deutlichen Zuwachs. Mit der erwarteten Erholung in wichtigen Abnehmerländern und dem Anziehen des Welthandels, v.a. mit Industrieerzeugnissen, dürfte sich das deutsche Auslandsgeschäft in der zweiten Jahreshälfte weiter erholen.
AUSSENHANDEL ERHÄLT DÄMPFER
Der Außenhandel konnte seinen Aufwärtstrend zuletzt nicht fortsetzen. Im Mai haben sich die nominalen Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen gegenüber dem Vormonat saison- und kalenderbereinigt mit -2,0 % spürbar verringert. Maßgeblich war der Warenhandel mit Ländern außerhalb der EU, der im Vormonatsvergleich um 4,9 % zurückging; der Handel mit Ländern der EU verringerte sich um 2,5 %. Die Einfuhren von Waren und Dienstleistungen nahmen um 5,5 % gegenüber April 2024 noch deutlicher ab, vor allem im Zuge der um 8,9 % deutlich gesunkenen Lieferungen aus der EU; die Importe aus Nicht-EU-Ländern lagen um 4,0 % niedriger
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